Billy Elliot - I will dance
Billy Elliot ist ein Film, der über alle (sehr gekonnt inszenierten) Hintergründe hinweg vor allem eins anspricht: Gefühle! Es ist ein Film, dem es auf wundervolle Weise gelingt, die Glam Rocker von T-Rex rund um Marc Bolan mit Tschaikowskis Schwanensee zu verbinden, die harte englische Arbeiter-Welt (und ihre in Politik wie Bevölkerung sehr ausgeprägte Schwulenfeindlichkeit) mit der Leichtigkeit von Tanz und nicht zuletzt die Realitätsansprüche eines Vaters mit den Träumen seines elfjährigen Sohnes. Was daraus wird, ist "wie Elektrizität".
England mitten im sogenannten "Neo-Liberalismus" der Thatcher-Ära, Höhepunkt von sozialer Ungleichheit, Armut, Arbeitslosigkeit und Arbeitskämpfen. Mittendrin: Jackie Elliot, alleinerziehender Vater und streikender Zechenarbeiter und seine Söhne: Einer davon ist der elfjährige Billy. Was wünscht ein Vater sich in einer solchen Situation mehr, als dass der Sohn lernt, sich durchzuboxen. Und das wortwörtlich: Also spart er sein letztes Geld, um seinem Sohn das Boxtraining zu finanzieren. Doch Billys Träume gehen woandershin, also tauscht er heimlich die Boxhandschuhe gegen Ballettschuhe... und er tanzt. Dass dieser Alleingang - unterstützt von Tanzlehrerin Mrs. Wilkinson (wundervoll gespielt von der großartigen Julie Walters) nicht ohne Konflikte bleibt, liegt auf der Hand.
Wir haben inzwischen das Jahr 2023. Der Film entstand im Jahr 2000, die Geschichte spielt in den 1980ern, der großartige Soundtrack von vor allem T-Rex stammt aus den frühen 1970ern, und Tschaikowskis Schwanensee (worauf am Ende alles hinausläuft) wurde 1877 uraufgeführt. Noch nichts von all dem wirkt auch nur ein bisschen verstaubt. Es ist Regisseur Stephan Daldry (Der Vorleser, The Hours), der sich einmal mehr als begnadeter Geschichtenerzähler entpuppt, es sind großartige Schauspieler (allen voran Jamie Bell als Billy Elliot), die wir sofort ins Herz schließen und es ist die spielerische Leichtigkeit des Glam Rock, die durch die Musik von T-Rex in diesen Film hineingetragen wird: "I like to boogie!". Und zum Schluss ist es eine sehr bemerkenswerte Hommage an Matthew Bownes einzigartige Schwanesee-Inszenierung: Die einzige Inszenierung in der alle Rollen von Männern getanzt werden und die seit 1995 bis heute ungebrochen Jahr für Jahr die Opernhäuser und Konzertsäle dieser Welt füllt. Und da schließt sich der Kreis: Elecricity!
Übrigens (zum Thema Kreis schließen): Im Jahr 2005 griff Elton John den Stoff auf und komponierte daraus das Bühnenmusical "Billy Elliot"). Auch das ist bis heute ein Erfolg und wurde, wieder durch Stephan Daldry, 2014 ebenfalls verfilmt. Bekanntester Elton John-Song aus diesem Musical: "Electricity"!